St. Moritz

Autoren: Prof. Dr. Wilhelm Liebhart, Redaktion

Stand/Quelle/Datum: 21.8.2009

  • 1) Stift. 1021 von Bischof Bruno als Kollegiat- oder Säkularkanonikerstift gegründet zur pfarrlichen Betreuung des im 11. Jahrhundert entstehenden Siedlungsgebiets zwischen St. Ulrich und Afra , Perlach und Dom. Patrozinium des hl. Mauritius, römischer Offizier, Märtyrer der Thebaischen Legion (22.9.). St. Moritz, wo Bischof Bruno seine letzte Ruhe fand, diente auch der Versorgung von Domkanonikern; 1077 etwa wurde der Domkanoniker und Stiftspropst Wigolt zum Bischof gewählt. Trotz enger Bindungen zu Bischof und Hochstift, dem St. Moritz inkorporiert war, setzten die Stiftsherren oder Kanoniker 1178 die freie Vorsteherwahl (Propstwahl) durch. Die Zahl der Stiftsherren schwankte wie die Zahl der sog. Vikarier (Kleriker, die die Stiftsherren gegen Bezahlung in ihren Funktionen vertraten). Zur Zeit der Säkularisation (1802) bestand der Konvent aus zehn Kanonikern, acht Vikariern und zwei sog. Chorprovisoren. Die Kanoniker waren mehrheitlich adelig-patrizischer, die Vikarier immer bürgerlicher Herkunft. Berühmte Pröpste, wie der Trierer Kurfürst Georg Franz von Schönborn (1701-1746) oder der Salzburger Erzbischof Hieronymus Josef Graf von Colloredo-Waldsee (1759-1775), übten das Amt nur nominell aus, bezogen aber dessen Einkünfte. Die Stellvertreter (Dekane) waren wichtige Funktionsträger in der Bistumsverwaltung.
  • 2) Kirche (Moritzplatz 3). Die ehemalige Stifts- und heutige Pfarrkirche erfuhr mehrere Neu- und Umbauten, im Kern blieb die dreischiffige romanische Basilika von 1084 jedoch erhalten. Nach spätgotischer Umgestaltung (Turm 1534, Chorneubau 1549 vollendet), 1714/15 Barockisierung durch Johann Jakob Herkommer. Bis 1764 Ausstattung im Geschmack des Rokoko (Stuck von Matthias Lotter). 1944 schwer beschädigt. Wiederaufbau 1946/50 nach Plänen von Dominikus Böhm unter Erhaltung der basilikalen Baumasse. Bronzetabernakel, Muttergottes, Kreuzwegstationen, Taufstein und Portale von Anton Rückel. Von der bedeutenden Ausstattung blieben nur Reste erhalten (u. a. Apostelfiguren von Ehrgott Bernhard Bendl, Salvator, hl. Sebastian und hl. Christophorus von Georg Petel). Der 1950 erworbene neue Pfarrhof mit Hauskapelle und Moritzsaal (früher Varieté) schließt sich südlich an. Renovierung der Kirche von 2009 bis 2013 durch John Pawson (http://www.moritzkirche.de/neugestaltung).
  • 3) Katholische Pfarrei (Moritzplatz 5). Obwohl erst 1129 bezeugt, dürfte die Pfarrei bereits mit der Stiftsgründung entstanden sein. Ihre Grenzen verliefen von der Hallstraße über die Heilig-Grab-Gasse bis zur Schlossermauer, von dort nach Norden und dann in Höhe des Kirchberggässchens nach Westen, um nördlich von St. Anna die westliche Stadtmauer zu erreichen. Filialkirche war die Friedhofskapelle St. Michael. Im Pfarrbezirk lagen das Kloster St. Katharina, die Kapellen St. Antonius, Heilig-Grab und Zur Schmerzhaften Muttergottes. Nach harten Auseinandersetzungen mit dem Stift erwarb der in der Pfarrei ansässige Jakob Fugger der Reiche 1518 das Präsentationsrecht auf die Predigerstelle und die Pfarrei selbst. Schon der erste von ihm vorgeschlagene Prediger Johannes Speiser neigte 1522 der Reformation zu. Obwohl die Pfarrei bis 1548 schwer unter den Reformationswirren litt, entstand keine evangelische Pfarrei. An der Kirche bestanden sechs Bündnisse und Bruderschaften: Vikarierbruderschaft (seit 1468), St.-Josefs-Bruderschaft der Krämer, Seiler, Krautgärtner und Obsthändler (1603), Mauritius-Bruderschaft der katholischen Stadtsoldaten (1603), Johann-Nepomuk-Bruderschaft der Kaufleute (1729), Arme-Seelen-Bruderschaft (1746) und das Liebesbündnis des Gekreuzigten (ab 1755). Die Pfarrei zählt derzeit 1726 Gemeindemitglieder (Stand: 1.1.2009).
  • Moritzplatz (Innenstadt, Amtlicher Stadtplan K 9).

Literatur:

Alfred Schröder, Die Vikarierbruderschaft bei St. Moritz, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 19 (1892), 88-109

Albert Haemmerle, Die Kanoniker der Chorherrenstifte St. Moritz, St. Peter und St. Gertrud bis zur Säkularisation, 1938

Hugo Schnell, Augsburg St. Moritz, 21977

Peter Rummel, Katholisches Leben in der Reichsstadt Augsburg (1650-1806), in: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 18 (1984), 22-26, 108

Wilhelm Liebhart, Stifte, Klöster und Konvente in Augsburg, in: Geschichte der Stadt Augsburg von der Römerzeit bis zur Gegenwart, 21985, 196

Ders., Die Säkularisation in Augsburg 1802-1807, in: Aufbruch ins Industriezeitalter 2, 1985, 142 f.

Bernt von Hagen / Angelika Wegener-Hüssen, Stadt Augsburg, 1994, 337-341

Das ehemalige Kollegiatstift St. Moritz in Augsburg (1019-1803), 2006.

St. Moritz, 17. Jh.
St. Moritz, um 1900
St. Moritz, 2007 (Foto: Angelika Prem)