Marianer

Autor: Prof.Dr. Hermann Ullrich

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Allgemein: Angehörige der Marianischen Kongregation oder mindere Regularkleriker (Clerici regulares minores), auch Caraccioliner genannt.

  • Bedeutung speziell in Augsburg: Vom Domkapitel bestellte junge Musiker in begrenzter Anzahl. Der Begriff geht auf die Domschule zurück, die nach dem Marien-Patrozinium des Doms ’Schola Mariana’ genannt wurde. Aus dieser wählte man seit dem Mittelalter Scholaren aus, welche für ihre Mitwirkung im Chor, bei Prozessionen und bei Gottesdiensten für Verstorbene geregelte Präsenzgelder aus einer (nach Placidus Braun) 1265 errichteten Stiftung erhielten. Später wurden die jüngeren Scholaren Chorknaben und die älteren Marianer genannt. Der Begriff Marianer, der nach Schilcher erstmals 1439 begegnet, bezieht sich durch die Jahrhunderte auf eine Elite von 4-6 musikalisch bestens ausgebildeten jungen Männern, die im 17./18. Jahrhundert meist gleichzeitig Studenten des Jesuitenkollegs St. Salvator waren und sich in der Regel auf die Priesterweihe vorbereiteten, oder auch junge Priester, die auf die Verleihung eines Benefiziums warteten. In der Hierarchie der sogenannten Chorverwandten (d. h. aller im liturgischen Dienst des Hochchors der Kathedrale Stehenden) nahmen die Marianer den untersten Rang ein. Dennoch waren Marianate gefragte Positionen, die den Aufstieg bis zur Spitze des niederen Klerus (Vierherren) ermöglichten. Die mehrmals täglich ausgeübte musikalische Tätigkeit umfasste den Responsorialgesang und das Psallieren innerhalb der Choral-Gottesdienste; als Instrumentalisten und Vokalisten wirkten sie auch in der Figuralmusik mit. Zahlreiche Marianer wie Gregor Aichinger, Johann Michael Demmler, Johann Chysostomus Drexel, Johann Evangelist Jaumann, Karl Bonaventura Witzka traten auch als Komponisten hervor. 1821 verließ der letzte Marianer den Domchor.

Literatur:

Placidus Braun, Die Domkirche in Augsburg und der hohe und niedere Clerus an derselben, 1829, 259 f.

J. Schilcher, Die Marianer, die Domspatzen von Augsburg, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 54 (1941), 414-421

2Lexikon für Theologie und Kirche 7, 1962, 196, 49

8, 1963, 1105

Franz Krautwurst / Wolfgang Zorn, Bibliographie des Schrifttums zur Musikgeschichte der Stadt Augsburg, 1989

Hermann Ullrich, Johann Chrysostomus Drexel, 1991, 104-116.